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Mittwoch, 19. September 2012
chapter 3 - 13. September 2004
Liebe Feena,

der Rücken schmerzt und die Füße tun weh. Ich kann kein Abdeckband mehr sehen, keine Farbe mehr riechen und das Sofa macht sich auch nur so lange gut auf der Terrasse, bis Regen einsetzt.

Aber das schert uns alles nicht, oder?

Sonnengelbe Farbe ziert nun die Wände in deinem Zimmer und dein Bett mit den hundertdrölfzig Schnullern wartet schon sehnsüchtig auf seine erste Nacht mit dir.

Heute haben wir Möbel für unser Esszimmer gekauft. Ist das nicht toll? Noch nie hatte ich ein Esszimmer. Wenn in Zukunft die ersten Besucher hier eintreffen, kann ich mit stolzgeschwellter Brust verkünden: "Den Kaffee nehmen wir im Esszimmer ein." Oder so. Wahnsinn!

Leider habe ich noch keinen Kindergartenplatz für dich. Aber auch das wird noch!

Ist das Leben nicht schön...?

Deine M.

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chapter 2 - 8. September 2004
Liebe Feena,

so ein Mist. Immer wieder verbrenne ich mich an unserem Backofen. Es sollte doch eine Überraschung zu deinem Geburtstag werden. Norwegischer Schokoladenkuchen. Verziert mit 3 Kerzen und jede Menge bunter Ponys.

Stattdessen ist mir das Backblech vor Schreck aus der Hand gerutscht und eine sichelförmige Wunde ziert nun meine rechte Handoberfläche.

Es tut mir leid, daß es wieder nur die olle Fertigbackmischung geworden ist, aber die vielen bunten Smarties, die ich auf den Kuchen habe regnen lassen, scheinen dich sämtliche bunten Ponys vergessen haben lassen.

Puh, Glück gehabt.

Ich könnte mich in Ausreden flüchten. Alles ist neu. Die Küche, das Haus, die Stadt. Unser ganzes Leben.
Okay, der Backofen nicht.

Hier ist so viel Platz. Den ganzen Tag male ich mir aus, wie ich diese ungewohnte Leere fülle. Welche Farbe sollen die Wände haben? Welche Möbel schaffen wir an? Wie richten wir dein Zimmer ein?

Endlich haben wir einen eigenen Garten. Und eine Terrasse. Ich sehe uns schon dort sitzen. Du auf der Schaukel. Papa und ich unter dem großen Apfelbaum. Die Sonne scheint. Und wir sind glücklich. Endlich glücklich!

Wenn doch nur schon alle Kisten und Kartons ausgepackt wären, alle Möbel stünden und wir uns heimisch fühlen könnten.

Doch, ich bin ganz zuversichtlich. Der schöne Teil meines Lebens kann endlich beginnen.

Deine M.

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chapter 1 - 19. September 2044
Eine alte Frau sitzt in einem knarzenden Schaukelstuhl auf ihrer weißen Holzveranda und schaut verträumt auf die endlose Weite des Meeres.

Eine blaue Decke wärmt ihre Beine, das leise Wippen des Schaukelstuhls ihre Seele.

In der einen Hand hält sie einen dampfenden Becher mit Kaffee. Die andere ruht auf einem Bündel Papiere in ihrem Schoß. Das Papierbündel hat sie liebevoll mit einer rosafarbenen Samtschleife gebunden.

Es ist kühl, aber die Sonne lässt sich noch nicht ganz verdrängen.

Die alte Frau nimmt einen tiefen Atemzug und merkt erst nicht, wie ihr rotgetigerter Kater mit dem Bündel Papiere um den Platz in ihrem Schoß wetteifert.

Es wird Herbst. Die Luft riecht nach Salz.

Die letzten Sonnenstrahlen tanzen wie kleine goldene Steine auf der Schaumkrone der herannahenden Wellen.

Nachdem sie den Kaffeebecher auf ein muschelförmiges Tischchen abgestellt hat, vergräbt die alte Frau die linke Hand in dem langhaarigen Fell des roten Katers, der sich artig mit einem Schnurrkonzert bedankt.

Doch mit dem Zeigefinger der rechten Hand fährt sie unaufhörlich und liebevoll über die Schleife, deren Enden leise im Wind flattern.

Das Bündel Papiere sind Briefe. Briefe an ihre Tochter. Briefe, die von ihrem Leben erzählen. Und von ihm.

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chapter 0 - Vorwort
Das echte Gefühl ist wie der Fluss, der im Sonnenschein dahinfließt und später mit demselben freudigen Murmeln die Dunkelheit der Nacht durchquert.

(indianische Weisheit)

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